24.11.2022 Hamburg, Hauptkirche St. Petri
Deutschland war gut über den Holodomor der Jahre 1932/33 in der Ukraine informiert – erkennen heute deutsche Wissenschaftler an. Berlin wurde von den damaligen Diplomaten darüber informiert. Kirchengemeinden haben Hilfen gesammelt. Deutsche Ingenieure und Arbeiter haben vor Ort seine Folgen gesehen. Aber nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die wissenschaftlichen Untersuchungen Osteuropas ein enges – nur auf Russland ausgelegtes – Profil aufgewiesen. Das Thema des Holodomors in der Ukraine hingegen wurde verdrängt, vergessen und ignoriert.
Daher ist eine Schlüsselaufgabe der erwarteten Anerkennung des Holodomors als Genozids des ukrainischen Volkes seine Rückkehr in die historische Erinnerung dieses Landes und gleichzeitig die Entwicklung des längst überfälligen Verständnisses der deutschen Gesellschaft, dass diese Tragödie nicht nur eine offene Wunde am Herzen des ukrainischen Volkes ist, sondern auch in direkter Verbindung zu dem steht, was heute das Hauptziel des verbrecherischen russischen Regimes in seinem Krieg gegen die Ukraine ist.
Am 24. November haben wir somit keine bloße traditionelle Gedenkveranstaltung zu Ehren der Opfer des Holodomors von 1932-1933 in der Ukraine abgehalten. Ziel war es, der hamburgischen Gemeinschaft die Wahrheit über die größte humanitäre Katastrophe des 20. Jahrhunderts näherzubringen, von der heute in Deutschland nur wenige auch nur gehört haben und aufzuzeigen, wie wichtig das Thema im Kontext der heutigen Ereignisse ist.
Erstmals in der Geschichte Hamburgs wurde den Opfern des Holodomors in der zentralen Kirche der Stadt gedacht. Erstmals konnten sich während der Veranstaltung diejenigen an die Anwesenden richten, denen es gelang, diese schweren Zeiten zu überstehen, indem ihre dokumentierten Zeugnisse von Aktivisten der ukrainischen Gemeinde auf Deutsch verlesen wurden. Erstmals wurden, statt flammender Reden, kalte Fakten über den damaligen Genozid des ukrainischen Volkes vorgetragen, bestehend aus Ausschnitten aus den wissenschaftlichen Werken bekannter Historiker wie Anne Applebaum, Robert Conquest, Serhii Plokhy, Nicolas Werth, Timothy Snyder, Norman Naimark, Guido Hausmann und Tanja Penter.
Die Verbindung zwischen Gegenwart und Vergangenheit aufrechtzuerhalten, half die Ausstellung, die auf Grundlage von Materialien des Holodomor-Museums in Kyiv durch die ukrainische Schule in Hamburg speziell zu diesem Anlass vorbereitet wurde.
Musikalische Werke, in deren Klang sich der gesamte Schmerz, Kummer und das Leid der historischen Erinnerung unseres Volkes versammelt hat, verlieh der gehörten Wahrheit Emotionen.
Und selbstverständlich klangen auch aufrichtige Gebete zu Gott: für diejenigen, die damals unverschuldet dafür gestorben sind, selbstständige Herren auf dem eigenen Land sein zu dürfen, sowie für diejenigen, die heute gegen die Horde aus dem Osten kämpfen.
Zum Schluss hat jeder der Anwesenden eine Kerze des Erinnerns angezündet und ein Stück des hausgemachten Korovaj, eines traditionellen ukrainischen Festtagsbrotes, probiert – in Gedenken dessen, wovon die Ukrainer auf ihrem fruchtbaren Land beraubt wurden.
Ich danke allen, die an der Durchführung dieses unglaublich informativen und künstlerisch-emotionalen ökumenischen Abends teilgenommen haben, der durch das Generalkonsulat der Ukraine in Hamburg und die Hauptkirche St. Petri, in Person von Hauptpastor Dr. Kruse und der Pastorin Warning, organisiert wurde.
Weiterer Dank gebührt: Oleksiy Palchykov, Pavlo Tsvok, Yaroslav Bohodyst, Hermann Schmidt, Tetiana Palchykova, Alexander Blümel, Julia Böttcher, Andre Böttcher, Olesia Grube, Rostyslav Sukennyk, Natalia Martin, Oles Volinchik, Olena Litvinova, Zoryana Terletska, Svitlana Nikonorova.
Dank für die Fotos gebührt Elias Hanter.